Conde de Sijak

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

der Conde in Stichworten

 

- geboren: 980 n. BF

- Vater: Conde Borian de Sylphur- Narrano

- Mutter: Cankuna Yako

- Stammsitz der Familie Narrano: Narranoia

- Gottheiten:

BORon, TSA, (HESinde, EFFerd)

- politisch: Reformer

- Witwer.

- 3 Kinder aus erster Ehe:

Tirato (24) , Efferdito (23) und Adaque (22)

- lebende Geschwister:

Jesabelis (50) , Zalinés (40) , Boromeo (38) , Jesidoro (35)

- Geburtstag: 2. EFF

 

 

äußeres Erscheinungsbild

- 1,80 m, schlank

- schwarzlockig, ergrauend; sorgfältig gepflegter, ergrauender Bart

- dunkelhäutig, blaue Augen. Brillenträger

- Linkshänder. Vierter und fünfter Finger der rechten Hand fehlen, trägt rechts fast immer einen schwarzen Handschuh

 

Lebenslauf in Zahlen

  980 n. BF: Geburt

1000 n. BF: Tod des Vaters, Regierungsantritt Saldars

1001 n. BF: TRAviabund mit Imelde (Salmoranes)

1002 n. BF: Geburt des Sohnes Tirato

1003 n. BF: Geburt des Sohnes Efferdito

1004 n. BF: Geburt der Tochter Adaque

1005 n. BF: Verschwinden und Tod Imeldes, Verschwinden Saldars

1015 n. BF: Saldars Rückkehr

1016- 1018 n. BF: seelenheilkundlich- noionitische Behandlung

1018- 1020 n. BF: Rundreise durch Aventurien

seit 1020 n. BF: Aufenthalt in Sijak

 

Talente

Staatskunst, Geschichte, Etikette, Rhetorik. Linskhänder. Reiten. Fechten, Hruruzat.

Sprachen: Brabacci, Garethi, Mohisch, Bosporano, wenig Tulamidisch.

Obwohl ihn niemals irgendjemand in Sijak hat kämpfen sehen, so gilt der Conde doch gerüchteweise als versierter Florettfechter. Hinter vorgehaltener Hand man erzählt sich, daß er einige besonders gemeine Hruruzat- Sprungtritte beherrscht.

 

Curriculum vitae

Geboren wird Saldar de Sylphur-Narrano 980 n. BF , im Jahre der Inthronisierung Kg. Mizirion III. als Sohn des Conde Borian de Sylphur- Narrano und der Cankuna Yako, einer adligen Miniwatu aus Iltoken.

Vom Vater erlernt Saldar, der sich früh als helles Köpfchen auszeichnet, Lesen, Rechnen und Schreiben sowie später die Kunst der Politik, der Geschichte, des Reitens und des Florettfechtens, von der Mutter wird er in die Rhetorik, die Sprache der Waldmenschen und die Kampfesweise des Hruruzat eingewiesen. Früh bereits formen sich zwei Charakterzüge, die auch den Erwachsenen kennzeichnen werden: Der Junge erweist sich als keinem kulinarischen Experiment abholdes Schleckermaul und schaut liebend gern den Köchinnen und Köchen in die Töpfe. Findet man ihn mal nicht in der Küche, so kann man darauf wetten, dass er in einem ruhigen Winkel hockt und sich in ein Manuskript oder eine Druckschrift vertieft hat: Ganz gleich ob Buch oder Zeitung, Flugblatt oder amtliche Mitteilung – alles wird mit Feuereifer verschlungen. Als echte Leseratte verschmäht der Conde in spe weder Tatsachenbericht noch Poesie, weder Belletristik noch philosophisches Traktat.

Aufgrund der Tatsache, dass sich die ältere Schwester Jesabelis bereits als Jugendliche zur EFFerd- Geweihten berufen fühlt (und später auch in der Tat die Leitung des sijaker Klosters bei den „Quellen der Heiligen Elida von Salza“ übernimmt) , wird dem jungen Saldar schnell klar, dass er - und nur er - dazu ausersehen ist, in die Fußstapfen des innig geliebten Vaters zu treten und in Sijak die Bürde der politischen Führungsaufgabe zu übernehmen... dereinst, in ferner Zukunft, so meint man zumindest - und das nicht ohne Berechtigung angesichts der robusten Gesundheit des Amtsinhabers.

Nun, noch verläuft das Leben in geregelten Bahnen und der Conde in spe bereitet sich mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit auf die ihn erwartenden Aufgaben vor... Als er dann aber die Nachfolge Knall auf Fall übernehmen muss, trifft ihn dies ebenso schmerzlich wie (letztlich doch wiederum) unvorbereitet. Völlig überraschend im Alter von nur 43 Jahren stirbt der geliebte und verehrte Vater bei einem Jagdausflug - unter niemals aufgeklärten, auf jeden Fall jedoch gewaltsamen, oder besser: grausigen Umständen: Zuerst findet man die Leiche, die, am linken Fuß festgebunden, von einem Ast herabbaumelt: kopfüber, könnte man sagen - wäre denn ein Kopf vorhanden. Just dies ist aber nicht der Fall. Eine Woche später entdeckt ein Fischer zufällig des Conde Haupt, und zwar an einen Stein gebunden, in den kleinen Fluss Naran versenkt.

Der designierte Nachfolger zählt gerade mal magere zwanzig Lenze... und verfällt in schwärzeste Verzweiflung, die weder Geweihte, Magi noch Medici zu lindern vermögen, aus der er sich dann schließlich selbst löst - sechs Monde nach dem Tod des Vaters. Da ist es allerdings auch höchste Zeit, denn die Regierungsgeschäfte liegen darnieder - zum einen, zum anderen droht der Familie - Cankuna Yako, der Witwe des Grafen sowie den jüngeren Geschwistern - schlichtweg der Ruin.

Mit unerwarteter, ja, geradezu hektischer Tatkraft stürzt sich Saldar nun ins Geschäft. In kurzer Zeit gelingt es ihm, die finanzielle Situation seiner Familie zu stabilisieren [1] und die schleifenden Zügel der gräflichen Verwaltung in die Hand zu nehmen - für einen jungen Mann wahrlich aufreibende Zeiten, die ihm die Bedeutung eines soliden Vermögens eindringlich vor Augen führen.

Ein Jahr nach Amtsantritt schließt Conde Saldar mit der Mulattin Imelde Salmoranes aus Brabak „unter Stande“ den TRAviabund. Glückliche Ehejahre folgen: Nicht nur, dass Imelde sich bei der Verwaltung Sijaks als wertvolle Mitarbeiterin erweist; mittels eines allen Widrigkeiten gewachsenen, unerschütterlich fröhlichen Gemüts sowie eines vorzüglich entwickelten Einfühlungsvermögens gelingt es der jungen Frau vor allem, ihren gräflichen Gemahl dem Einfluß der in unregelmäßigen Abständen auftretenden depressiven Anfälle zu entreißen und darüber hinaus auch die sich phasenweise manifestierende hektisch- rastlose Tätigkeit in eine vernünftige und zielgerichtete Aktivität zu überführen. Drei gesunde Kinder - Tirato, Efferdito und Adaque - werden in Jahresabstand geboren.

Doch Satinav wacht und derisches Glück währt nicht ewiglich: Gerade hat Imelde den Conde mit der Nachricht ihrer vierten Schwangerschaft beglückt, da verschwindet die Frau, die er über alles liebt, mit einem Schlag aus seinem Leben: Von einem Ausflug in den nahen Wald von Narranoia kehrt Imelde des Abends nicht zurück. Die auf großherzögliche Initiative unverzüglich eingeleiteten Nachforschungen zeitigen keinerlei Ergebnis [2] , decken auch nicht die leiseste Andeutung einer Spur auf. Imelde ist und bleibt wie vom Erdboden verschluckt.

Sieben Monde lang fühlt sich der Conde zwischen niederhöllischer Verzweiflung und irrwitziger Hoffnung hin und hergerissen - bis zu der schicksalsschweren Stunde, da ihn Gewissheit ereilt. Imelde ist tot. In Al'Anfa hat ein brabaker Händler sie gesehen und auch zweifelsfrei erkannt - trotz des Rabenfederkleides, hat ihre Teilnahme am Flug der Zehn beobachtet und kann bezeugen, dass die hochschwangere Frau in der Meeresbrandung von Streifenhaien in Stücke gerissen wurde.

Am nächsten Morgen sucht der vierjährige Tirato das elterliche Schlafzimmer auf... und findet, vom Querbalken der Decke am Halse hängend, den Vater. Zu diesem haben die Zwölfgötter die Schritte des Kindes gerade noch zur rechten Zeit gelenkt: Die eilends herbeigerufene Hofmedica haucht dem Conde neues Leben ein. Dieser stößt, kaum dass die Augen geöffnet sind, voller Verzweiflung den Namen der Verstorbenen aus, schwingt sich - das geknotete Seil hängt noch um den Nacken - aufs Pferd und verschwindet in einer Staubwolke. Niemand weiß genau, was in den folgenden Wochen, Monden und Jahren geschieht. Man geht davon aus, dass der Witwer damals einen privaten Rachefeldzug in Al'Anfa unternommen hat [3] .

Volle zehn Götterläufe später erscheint der Conde wieder, verwundet an Leib und Seele: abgemagert, verhärmt und vorgealtert. Das Augenlicht hat merklich nachgelassen. Der vierte und fünfte Finger der rechten Hand fehlen. Bei der Ankunft erfährt Saldar, dass die Mutter zu BORon gegangen ist, ohne dass diese Nachricht in der Lage wäre, dem eine wahrnehmbare Gemütsregung hervorzurufen. Drei Jahre bringt er in Sijak zu: unentwegt mit mit dem Schicksal hadernd, der großen Liebe nachtrauernd, die unzureichende Sehschärfe verfluchend. Eine Depression jagt die nächste, kurzfristig unterbrochen von wüsten alkoholischen Exzessen. Immerhin unterbleiben weitere Selbstmordversuche. Schließlich begibt sich der Kranke als seelisches Wrack in die Obhut eines Noioniten, der ihn nach weiteren zwei Jahren zurück ins Leben entlässt: nicht geheilt, aber vorerst dem Einfluss des maraskaner Rums entronnen.

Auf Anraten der Geschwister, die auf die wohltuende Kraft der Ablenkung hoffen, tritt Saldar nun eine längere Reise an. Diese indes erweist sich zunächst weniger zuträglich als erhofft, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass der Conde kaum mehr in der Lage ist, Buchstaben normaler Größe zu identifizieren und folglich immer häufiger die Dienste eines Vorlesers in Anspruch nehmen muss... Eine Art von Unselbstständigkeit, die gewaltig an den Nerven zerrt. Ist er wieder einmal beim Entziffern eines Dokumentes gescheitert, gerät Saldar außer sich: Lautstark und gotteslästerlich fluchend, zürnt er undifferenziert gegen alles und jeden: Der vorlesende Diener erntet für seine Mühe nicht nur einmal wüste Beschimpfungen und sogar Hiebe – eine unwürdige Verhaltensweise, die Saldar nach Abflauen des Tobsuchtsanfalls am allermeisten entsetzt und zu bittersten Selbstvorwürfen treibt - bedauerlicherweise, ohne dass sich daraus eine vorbeugende Wirkung ergäbe. Vor jedem Brief aus der Heimat fürchten sich die Diener und nehmen Reißaus, sobald dem Conde ein Buch in die Hand fällt.

Außerdem wecken die Ortswechsel, die eine Reise ja zwangsläufig mit sich bringt, aufs Neue die rastlos- ungezügelte Seite des gräflichen Charakters. Auf der Flucht vor sich selbst, wie von Dämonen getrieben, sucht der Brabaker das Bornland heim, erspielt in Festum einen Smaragd von der Größe eines Augapfels, verliert den Hochkaräter wenige Stunden später bei einem Überfall in einem Bordell, widmet sich auf der Suche nach hochriskanten Unternehmungen erst der Wolfs- und dann der Bornbären- Jagd. Anschließend durchquert der Conde das Neue Reich, kaum daß er mal zwei Tage in derselben Stadt verbringt. Die örtliche Küche langweilt ihn, die Köche verstehen sich nur aufs Geldzählen und haben noch nie etwas von Gewürzen gehört, in den Restaurants werden lieblos zubereitete Mahlzeiten auf die Schnelle serviert. Schließlich erreicht er Kuslik.

Dort nimmt Saldars Leben endlich eine Wendung zum Guten. Er schließt Freundschaft mit dem Liebfelder Don Alcazar Herjé de Haddoquia- Tintinnario, seines Zeichens Medicus. Dieser weilt in der Stadt, um an einem Konvent des Bundes der Freidenker teilzunehmen. Rasch erweist sich der neu gewonnene Freund - gemeinhin Don Alc genannt - als unterhaltender Begleiter und anregender Diskussionspartner. In Begleitung seiner Ehefrau, der charmanten, aus Brabak stammenden Morisca (née Zeforika) sowie seiner Assistentin, der Moha Istima Tonko, einer ebenso reizvollen wie begabten Seelenheilerin, zeigt Don Alc dem Besucher des Alten Reiches Sehenswürdigkeiten... zu denen nicht zuletzt zahlreiche, exquisite Speiselokale zählen. Selbstverständlich nimmt der Medicus als gläubiger TSA- Anhänger die Gelegenheit wahr, den Brabaker nach Silas und in den dortigen Tempel der ewig jungen Göttin zu führen.

Die heiter- gelassene Art der Geweihten übt tiefen Eindruck auf den Rastlosen aus und vermittelt ihm die seelische Stärke, sich selbst mit Nachdruck zur Besonnenheit zu mahnen. Bei diesem löblichen Vorhaben unterstützt den Conde die Medica Istima Tonko - nicht zuletzt, indem sie seine Geliebte wird. Indes, auch auf fachlichem Gebiet ist sie tätig und unternimmt einen Therapieversuch: Sie verabreicht dem Kranken ein kaum bekanntes und wenig erforschtes Präparat, welches als Wirkstoff Spuren eines seltenen und von der Heilerin auf verschlungenen Wegen erworbenen Metalls enthält [4] .

HESinde (und Kamaluq) sei Dank - die medizinischen Bemühungen werden von Erfolg gekrönt, es gelingt, die fatale Alternanz von depressiven und manischen Phasen zu unterbinden. Als Don Alc dann auch noch ein hochwertiges Augenglas aus zwergischer Produktion auftreibt und dem - zunächst widerstrebenden - Freund auf die Nase setzt, ist die Wende geschafft: Nebel verfliegen, die beinahe vergessene Welt des geschriebenen Wortes taucht in alter Pracht wieder auf. Dere zeigt sich von der schönsten Seite. Frischer Lebensmut fließt dem Conde mit jedem Tag, jedem erfolgreich bewältigten Buch und jeder neuen Saucen- oder Tortenkreation zu. Viele glückliche Wochen und Monde verbringt das Quartett miteinander in ungetrübter Harmonie...

Selbst als es den Brabaker dann mit Macht in die Heimat zieht – denn nur dort ist schließlich die unvergleichliche Schildkrötensuppe erhältlich! - möchte er die Reise nicht alleine antreten: Er und seine Begleiter haben sich gegenseitig kennen und schätzen gelernt. Eine solch innigliche Freundschaft, ein wahres Geschenk der Götter, darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Ein jede und ein jeder scheut die Trennung: So beschließt man, die Überfahrt in den Süden in trauter Verbundenheit zu buchen. Da trifft es sich gut, daß Don Alcazar - auf gräfliche Vermittlung - die Stelle als Leibmedicus seiner Majestät, König Mizirion III. erhält.

Der Conde selbst, im Alter von vierzig Jahren zurückgekehrt, bezieht den Stammsitz von Narranoia und übernimmt in Sijak die Regierungsgeschäfte– tatkräftig unterstützt von Sohn Tirato. Abgesehen von vereinzelten Besäufnissen, die in quasi ritueller Weise den väterlichen Todestag sowie den der Ehefrau markieren, führt der Landesherr den ihm anvertrauten Condario mit vorbildlicher Ruhe und Umsicht.... und liest - dem Augenglas sei’s gedankt - ohne Anstrengung jedes ihm vorgelegte Schriftstück.

Die Kirchen des BORon und der TSA erfahren bevorzugte Förderung. Außerdem finanziert der Conde aus seiner Privatschatulle eine kleine, bei den „Quellen der Heiligen Elida von Salza“ gelegene Noioniten- Dépendance, die „Imelde Salmoranes Heil- Anstalt für seelische Leiden“ . Für die Einstellung eines hochkarätigen liebfeldischen Kochs hat das gräfliche Budget bisher nicht gereicht, aber man bleibt guter Hoffnung. Obwohl Saldar und Istima sich wöchentlich mindestens einmal treffen, kann er sich bislang nicht dazu durchringen, erneut den TRAviabund zu schließen und wird dazu von seiner Geliebten auch nicht gedrängt.


[1] unter anderem mit Hilfe eines zinsgünstigen Kredites, den ihm sein Sítiario, Fortunato di Guya, in der Stunde der Not gewährt

[2] Insbesondere ergibt sich kein Anhalt für die Anwesenheit einer al- anfanischen Sklavenjägergruppe

[3] Diese Theorie stützt sich auf bestimmte Vorkommnisse, die just in jenem Zeitraum die Pestbeule des Südens erschüttern.

[4] irdisch: Lithium

Text: Stefan Würstlin