Vogt von Pineo
Rasmuel
Aphomar wurde am 16. BORon 994 BF als unehelicher Sohn eines al’anfanischen
Stadtgarde-Hauptmannes und einer Harfendirne geboren. Sein Vater, von dem
Rasmuel nicht einmal den Namen kennt, vertraute jener Hure eine monatliche
Rente an, welche diese für die Erziehung des Bastards verwenden sollte. Die
Kindheit sah sowohl lichte Praiosläufe wie auch dunkle Stunden – eben jenes
Los, das Fatas so vielen Bewohnern der Rabenstadt zugedacht hat. Eines morgens
jedoch kehrte der gerade 16 Jährige nicht von seiner Arbeit als Hafenknecht
nach Hause zurück und beschloss, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen... .
Praiosläufe
später legte ein Handelsfahrer aus der südaventurischen Metropole in Port
Corrad an, “wo die Weibsbilder wunderschön, der Schnaps billig und reiche
Kaufleute auf gute Arbeiter warten“, wie es Rasmuel nacht für Nacht in
etlichen Spelunken versprochen wurde. Doch strafte die Wahrheit, welcher er
hier nun ansichtig wurde die verheißungsvollen Worte der Lüge. Da das Geld
auch in dieser Hafenstadt nicht auf der Straße liegt, stellte sich der
ehrgeizige junge Mann in den Sold der “Al’Anfanischen Fremdenlegion“.
Geheuchelte Ergebenheit, unerbittliche Härte und eiskalte Berechnung ließen
Rasmuel alsdann zu einem gnadenlosen Schlagetot werden, der zwar den Respekt
und die Achtung seines Hauptmannes gewann, jedoch sich selbst verlor. Schnell
waren die guten Worte seiner Mutter vergessen, welche ihn stets dazu anhielt,
einfach auf das Wirken und die Weisheit der Zwölfe zu vertrauen. Doch wo war
jene Weisheit und jenes liebevolle Tun aus himmlischen Sphären? Der Südaventurier
begann mit dem ihm zugedachten Platz im Deregefüge zu hadern und schmähte
den Göttern, bis er sie schließlich ganz zu verlieren geglaubt hatte.
Schließlich
führten ihn Aves’Pfade im Jahre 19 Hal ins von den Orken heimgesuchte
Mittelreich. Hier gab er seinen Schwertarm für garethisches Gold und zog mit
der “Thuranischen Legion“ am 28. PRAios in die “Schlacht am
Nebelstein“. Nur wenigen der Recken um Marschall Rastem von Eslamsgrund
gelang die Flucht aus jenen unmenschlichen Kriegswirren. Bereits am 24. RONdra
desselben Götterlaufes stellte sich der Südländer wiederum den furchtbaren
Mordbrennern des Sadrak Whassoi in der “Schlacht von Orkenwall“ entgegen,
doch auch hier war die Leuin nicht mit den Truppen der Reto’schen Lande.
Nachdem
Rasmuel tagelang den Schatten Golgaris über sich wusste, er lag erkrankt am
Schlachtfeldfieber siech in einem Spital der Therbuniten dar nieder, gab er
nahezu sein gesamtes Vermögen, so es denn nicht mit Trosshuren und
Rauschkraut durchgebracht wurde, für eine Passage nach Maraskan aus. Dort,
auf jenem Eiland veränderte sich alsdann sein Leben im Jahre 21 Hal, denn
merkwürdig sind die Wege, welche die Zwölfe den Sterblichen zugedacht
haben... .
Jergan,
“die Tränenreiche“ sollte Rasmuel Aphomar Einfluss und Gold bringen, doch
auch viele Tränen und unsäglichen Kummer brachte der arrogante Al’Anfaner
über Frauen, Kinder und Altes des gepeinigten Landes. Unermüdlich ließ der
mittlerweile zum Hauptmann beförderte Söldner gegen Agitatoren und Rebellen
an Reich und Krone vorgehen, doch eines Praioslaufes im Monat des INGerimm
lernte er bei einem Verhör den maraskanischen Sektierer Frujimal Gare´zak
kennen. Dieser bekannte sich zur Lehre der sog. “Richter“ und konnte durch
weise Worte das Herz des Ruchlosen rühren. Von diesem Zeitpunkt an ließ
Rasmuel nur noch Verbrecher und Schmuggler verfolgen, welche aus dem
Freiheitswillen der Unterworfenen Gewinn zu versuchen trachteten. Hinter
vorgehaltener Hand munkelte man, dass der ehemals so gnadenlose Bewahrer von
Ruhe und Ordnung gar mit den verquerten Ideen der Feinde sympathisierte, doch
tat dies seiner Karriere keinen Abbruch.
Doch sollte auch er bald einer jener Parasiten werden, die von Blut und
Tränen profitieren.
Schließlich
trat ein “alter Freund“ aus gemeinsamen Praiosläufen in Port Corrad an
den Hauptmann heran und konnte ihn mittels al’anfanischer Dublonen dazu
bewegen, die Kontrolle von bestimmten Schiffen nicht allzu genau zu nehmen,
denn es lag im Interesse der “Stadt
des Raben“, der Opposition gegen die garethische Besatzungsmacht jedwede
Hilfe angedeihen zu lassen, auf dass “Maraskan dereinst wieder stolz seinen
ehrbaren Platz in Freiheit an der Seite aller souveräner Staaten einnehmen könne“.
In
den ersten Tagen des Praiosmondes 1019 BF werden jedoch führende Köpfe auf
den sehr lukrativen “Nebenverdienst“ aufmerksam und nur durch eine phexgefällige
“Eingebung“, die anfangs Unsummen verschlang und letzten Endes ein Leben
forderte, gelang dem (nun) wohlhabenden Südländer am 12. des besagten Mondes
die Flucht nach Brabak.
Hier
nun gelang es ihm durch wohl bedachte Kontakte, welche man stets in sündhaften
Etablissements und auf nicht weniger verruchten Festivitäten, mit der Familie
Terbysios zu knüpfen. Durch Witz, Charme, Skrupellosigkeit und blinkende Münzen
drängte sich Rasmuel noch mehr in das Interesse besagter Familie und
letztlich erkannte man in ihm “schlichtweg den fähigen Mann, welchen es in
unseren Landen brauche“.
Schließlich
wurde ihm am 12. RAHja 30 Hal die Hand Rahijana Terissinja de Malagro gegeben,
nachdem diese zwei Götterläufe zuvor ihren Mann, den Stadtvogt von Pineo
Ghorio de Malagro, auf tragische Weise bei einem “Unfall verlor“. Offenbar
spielten einige der rund um Pineo ansässigen Piraten eine nicht gerade
geringe Rolle, wie offiziell verlautbart wurde. Bisher wurde der Schoß seiner
Gattin noch nicht von der Jungen Göttin gesegnet und die Tatsache, dass
Rasmuel sich oftmals mit einem jungen Burschen namens Baromäus Terlingen
umgibt, scheint eindeutige Schlüsse nahe zulegen. Jedoch sollte es niemand
wagen, denn feisten Stadtvogt auf diesen vermeintlichen Umstand anzusprechen.
Schon oft erhielt ein nächtlicher Zecher Besuch von Stadtgardisten, wenn er
denn, durch Schnaps oder Rauschkraut erheitert, über “das wilde Treiben der
al’anfaner Sau“ berichtete. Die Anklage lautete stets “Diffamierung
eines Adligen und schwere Aufwieglerei“, was ihn letzten Endes einige Zähne,
gebrochene Rippen und eine kleine “Bearbeitungsgebühr“ kostete... .
Text: Daniel Mielke